Eine Erzählung von Prowildtierschutz.ch und dessen Gründer, der als Stv. Jagdaufseher und Hundeführer im Einsatz war.

Mitte Woche kam es in Rheinsulz zu einer Kollision mit einem Wildschwein. An der Unfallstelle war nichts zu sehen und somit war es völlig unklar, ob das Wildschwein verletzt war. Die Spuren am Postauto liessen jedoch darauf deuten, dass es ordentlich gekracht haben muss und es sich um ein grosses Wildtier handeln muss. Als Jagdaufseher lernt man, dass eine Kollision mit einem Wildschwein einen Aufprall von 3.5 Tonnen mit sich ziehen kann. Das ist etwa so viel, wie ein ausgewachsenes Nashorn wiegt.

Der Jagdaufseher reagierte sofort und informierte seinen Stellvertreter, der gleichzeitig Nachsuchehundeführer ist. An der Unfallstelle angekommen zeigt der Nachsuche Hund, Fenrisúlfur du Vion (Deutsch Drahthaar) sofort, dass etwas nicht stimmt. Das Nachsuchegespann folgt der Spur, die zuerst über einen tiefen Bach (Sulzerbach) über Umwege zu einem Feld führt. Der Hundeführer muss in einer solchen Situation dem Hund vertrauen, denn als Mensch haben wir keine Chance etwas wahrzunehmen, wenn es nicht sichtbar, genug laut oder genug stark riecht. Unser Nachsuchehund mit dem Kosenamen Úlfur, was auf Isländisch Wolf bedeutet, scheint sich sicher zu sein, wo das Wildschwein hin ist. Nach 200 Meter sind erste Abdrücke des schweren Wildschweins erkennbar, was dem Hundeführer Vertrauen gibt auf dem richtigen Weg zu sein. Es geht weiter über das gesamte Feld, links einem Weg entlang und dann nach rechts steil den Berg hoch. Nach 800 Meter will der Hund in ein grosses „Brombeerengebiet“ eindringen. Der Hundeführer zögert, denn verletzte Tiere haben die Tendenz sich genau dort zu verstecken, wo es am schwierigsten ist hinzukommen. In dieser Situation ist es wichtig kein Risiko einzugehen, denn der an dieser Stelle ist unklar, in welchem Zustand das Wildtier ist. Stattdessen zeigt der Hundeführer dem Hund die Idee auf, einmal um die ganzen Brombeeren zu suchen (nochmals ca. 100 m Suche). Vielleicht ist das verletzte Tier ja doch weiter gelaufen. Der Hund zeigt seinem Hundeführer an, dass etwas in den Brombeeren lauert und wird ganz vorsichtig. Der Hundeführer traut der Sache nicht über den Weg, denn der 50Kg schwere Deutsch-Drahthaar hat sonst nahezu keine Furcht beim Nachsuchen. Hier muss etwas Grösseres sein! Der Hund steht vor, ein Zeichen, dass unmittelbar in der Nähe etwas sein muss, es wird spannend. Der Hundeführer entscheidet, mit dem Wärmebildgerät zu schauen, ob etwas in den Brombeeren lauert. Irgendetwas scheint da zu sein, denn das Gerät zeigt eine massive Wärmequelle an. Der Stv. Jagdaufseher nähert sich der Stelle, während dem der Hund den Auftrag hat, hinten zu warten. Wenige Meter in den Dornen erkennt der Stv. Jagdaufseher den Keiler (männliches Wildschwein). Schweren Herzens muss das verletzte Tier erlöst werden.

So sieht unser Úlfur aus, wenn er vorsteht. Ein Zeichen, dass etwas vor ihm sein muss.

Es stellt sich heraus, dass der Keiler einen gebrochenen Vorderlauf (Bein) hat und schwere innere Verletzungen. Zweifelsohne wäre er noch sehr lange dort gelegen und hätte um sein Leben gekämpft. Chancen hatte das arme Tier jedoch nicht und überhaupt ist es unglaublich, dass der Keiler noch so weit gegangen ist. Genau das ist vielleicht der Trost einer solch schweren Aufgabe, dass dieses Tier nicht mehr länger leiden muss.

Das erlöste Tier, das ohne den geprüften Nachsuche Hund noch Stunden hätte leiden müssen. Es handelt sich um einen fast 70Kg schweren Keiler.

Das Tier wird aus diesem schwierigen Gelände mitten im Wald geborgen und für die Jagdaufseher und den Hund geht ein langer Morgen zu Ende. Was nun folgt, sind Rapporte schreiben und dann die Ausrüstung reinigen, das Auto waschen und natürlich vor all dem den Hund zu versorgen. Fenrisúlfur kriegt nach einer Nachsuche immer einen Cervelat sowie viel zu trinken. Wir, der Hund und sein Hundeführer, sind dankbar, dass uns nichts passiert ist. Müde nach dem Einsatz geht der Tag weiter, der Alltag wartet.

Jagdaufseher sind freiwillige Helferinnen und Helfer, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Auch die Hunde sind Familienangehörige, die sich dieser schweren und gefährlichen Aufgabe stellen. Mit dieser Erzählung möchten wir uns bei allen bedanken, die Unfälle melden und allen Helferinnen und Helfer, die sich dieser schweren Aufgabe stellen.